PVH-Kongress

Kreativität benötigt Mut (Henry Matisse) - 5. PVH-Kongress

08.-09. März 2019 in Köln

Am zweiten Märzwochenende fand nunmehr zum fünften Mal der PVH Kongress in Köln statt. Der rege Zuspruch sowohl zum Rahmenprogramm und Branchenabend mit der Ehrung der Partner des PVH als auch zum Kongress selber hat gezeigt, dass das Format weiterhin wichtig ist. Gut 300 Teilnehmer aus Handel, Industrie, Einkaufskooperationen, Verbänden und sonstigen Dienstleistern Interessierte das Thema „online + mobil und trotzdem stationär + regional?”

Am Vortag wurden drei spannende Führungen angeboten, die sehr schnell ausgebucht waren: GS1 Germany (Global Standards One), ein weltweit tätiger Dienstleister, der Standards zur Verbesserung von Wertschöpfungsketten gestaltet und umsetzt, die MMC-Studios, die auf der Backstage-Tour vielen die Augen öffneten, mit wie vielen technischen Tricks die bewegten Bilder im TV oder Kino erstellt werden, und die Tour über das Dach des Kölner Doms, zu der der Wettergott pünktlich die Wolkendecke wegnahm und einen grandiosen Blick über die Stadt ermöglichte.

Am Abend trafen sich rund 240 Personen zum Branchenabend im Früh am Dom. Dort wurde ganz analog geredet, gelacht, Kölsch getrunken, gut gegessen und natürlich wurden auch die Partner des PVH 2018 geehrt.

Im Congress Centrum Ost der KölnMesse startete am Samstag dann der 5. PVH-Kongress. Tom Hegermann, zum fünften Mal als Moderator dabei, führte gewohnt kompetent und locker durch den Tag und übergab nach den allgemeinen Einführungsworten Dr. Kellerwessel das Mikrophon. 

Der frisch gewählte alte und neue Präsident des ZHH begrüßte im Namen der vier veranstaltenden Verbände - FWI, ZVEI, FDM und ZHH - die Anwesenden und dankte den Sponsoren, ohne die eine solche Veranstaltung nicht möglich sei. Digitalisierung sei seit Jahren Thema, die Amazonisierung des Handels schreite voran, die Konkurrenz werde immer größer. Das Smartphone sei ein Alltagsbegleiter geworden, das Telefonieren damit eine Nebenfunktion. Die Gesellschaft sei permanent online, suche aber trotzdem den persönlichen Kontakt, die regionale Nähe zum Handel - auch im B2B. Es sei die gemeinsame Verantwortung von Herstellern und Händlern, Kunden für die Produkte und Dienstleistungen zu begeistern. Synergien müssten im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten genutzt werden.

Abschließend leitete er auf den nun folgenden Vortrag von Dr. Kai Hudetz über, der ausgewählte Ergebnisse der aktuellen exklusiven Marktstudie vorstelle. Zuvor wurde ihm allerdings noch die goldene Ehrennadel des ZHH von ZHH-Ehrenpräsident Dr. Georg Hungerkamp verliehen. Er hielt eine Laudatio auf seinen Nachfolger Dr. Paul Kellerwessel, der am Vortag seine achte Amtszeit als Präsident angetreten hatte. Dr. Kellerwessel habe angekündigt, dass dies seine letzte Amtsperiode sein werde. Er habe in fast 27 Jahren Verbandsarbeit die Branche geprägt, halte den Hartwarenhandel auf Kurs. Zahlreiche Ehrenämter übe er mit hohem Verantwortungsgefühl aus. Dieser Einsatz verdiene die allergrößte Hochachtung und aus diesem Grund werde ihm nun die goldene ZHH-Ehrennadel verliehen. Der Dank gebühre auch seiner Familie, die dieses ehrenamtliche Engagement immer mitgetragen habe und mitträgt. Der Geehrte gab den Dank zurück, dieses Engagement gebe auch ihm viel, besonders die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Thomas Dammann. Unter rauschendem Beifall der Anwesenden steckte Dr. Hungerkamp ihm die Ehrennadel an.

Danach begann das offizielle Vortragsprogramm - schon traditionell - mit der Vorstellung ausgewählter Ergebnisse der aktuellen Marktuntersuchung durch Dr. Kai Hudetz. Die Beteiligung sei gut gewesen, zeige, dass die Untersuchung akzeptiert werde. Da sie seit 2011 alle zwei Jahre - mit jeweils neuen Schwerpunkten, aber auch identischen Fragen durchgeführt werde, könnten immer interessantere Zeitreihen erstellt werden. So zeige sich jetzt, dass die 5-Jahres-Prognose nicht eingetreten ist. Im Vergleich zu 2017 werde die Situation leicht positiver gesehen. Trotzdem steige die Bedrohung durch das Internet, ein eigener Shop werde immer wichtiger. Preisdruck, Fachkräftemangel und stärkerer Wettbewerb prägten das Geschäft. Im B2B finde die Beschaffung überwiegend durch den stationären Handel und den Direktvertrieb der Hersteller oder durch Würth, Berner und Co. statt. Amazon und Baumärkte spielten (noch) eine geringere Rolle. Marktplätze verlören an Bedeutung. Das Vertrauen in branchennahe Plattformen sei weniger groß als in übergreifende. Die Internetrecherche und die Beratung im Fachhandel lägen erstmals gleichauf. Die Onlineshops der Händler würden zur Informationsbeschaffung immer wichtiger.

Der Abstand zu Amazon bei der Informationsbeschaffung und Bestellung würde größer. Hierauf müsse der Handel aufbauen, damit nicht dasselbe passiere wie im B2C

In der Kaffeepause wurde über das Gehörte intensiv diskutiert, bevor das zweite Praxisbeispiel zeigte, wie ein Industrieunternehmen gemeinsam mit dem Handel erfolgreich ist. 

Marcus Holzer berichtete darüber, wie Metabo zusammen mit dem Handel die Reise des Kunden, die Customer Journey, begleitet. Der Kunde nehme das Produkt wahr, suche nach Informationen darüber, kaufe es, nutze Serviceangebote und entwickele eine Bindung. Die Kundenrecherche könne sowohl online als auch offline erfolgen, Metabo agiere in beiden Welten. Auf der Internetseite von Metabo gebe es die Möglichkeit, direkt zu bestellen oder einen Händler zu suchen. Wenn direkt bestellt werde, dann öffne sich ein weiteres Fenster, in dem verschiedene Fachhändler angezeigt würden, bei denen das gewünschte Produkt bestellt werden könne. Retail connect nennt sich diese Vorgehensweise. Berücksichtigt würden Händler, die bestimmte Kriterien erfüllen. Durch diese Vorgehensweise würden mehrere tausend Verkaufschancen an den Fachhandel gegeben, da Metabo gemeinsam mit dem Handel erfolgreich sein will. Die Zusammenarbeit (Kollaboration) sei umfassend angelegt. Baumärkte stünden nicht im Focus, Influencer könnten künftig wichtig werden.

Nach diesen beiden Praxisbeispielen folgten die Ausführungen des „C4-Professors und Kabarettisten” (Zitat Tom Hegermann) Prof. Dr. Christian Scholz aus Saarbrücken. In einem überaus kurzweiligen Vortrag erläuterte er, welche Vorstellungen die ab 1996 geborenen Menschen - die Generation Z - vom Leben und Arbeiten haben. Hierzu stellte er Vergleiche zu den Vorgängergenerationen an, die miteinander arbeiten müssen.

Basis jeglicher Kommunikation mit Angehörigen der GenZ sei: Sagen Sie immer, warum etwas gemacht werden soll, geben Sie strukturierte Informationen.

Die sog. BabyBoomer, die zwischen 1950 und 1965 geboren sind, sind u.a. aufgewachsen mit TV und Schallplatte. Sie sind idealistisch und der Beruf ist wichtig. Die Generation X, geboren zwischen 1965 und 1980, ist deutlich skeptischer. Sie seien Workhorses und müssten immer mit den Babyboomern konkurrieren, die schon die begehrten Arbeitsplätze besetzten. Ein Marker ist der Kassettenrekorder. Es folgt die Generation Y, geboren zwischen 1980 und 1995. Diese ist der Traum eines jeden Personalchefs: Sie sind optimistisch, leben das sog. Work-Life-Blending, was bedeutet, dass der Übergang zwischen Beruf und Privatem fließend ist. Die Globalisierung prägt diese Altersgruppe. Diese Altersgruppe kann man anrufen. Die GenZ kann man hingegen nicht mehr anrufen. Höchstens eine Sprachnachricht schicken. Diese jungen Menschen trennen Beruf und Privates kategorisch. Sie arbeiten am liebsten in festen Strukturen, Gleitzeit ist nicht so wichtig, wichtig ist, genau zu wissen, wann die Arbeitszeit endet, um sich dann anderen Dingen zuzuwenden. Sie wirken brav und nett, aber sie pochen auf Gesetze (Rechte und Pflichten). Sie verbuchen einen Business Lunch als Arbeitszeit und machen danach Pause. Das derzeit so beliebte Open Office mit wechselnden Arbeitsorten und einem Großraumbüro ist kein Anreiz, wirkt eher abschreckend. Vertrauensarbeitszeit ist für sie nicht erstrebenswert, sie halten sie für Ausbeutung. Sie wollen in der Regel keine Verantwortung übernehmen.

Als Kunden haben sie teilweise schon eigene Einkommen, beeinflussen aber auch ihre Eltern. Sie wollen klare Angebote, die weniger komplex sind, sie sind nicht so sehr von Marken geprägt, wie die Vorgängergeneration.
Diese GenZ muss sich häufig dumme Sprüche anhören, aber das, was sie wollen, ist nicht ganz verkehrt. Sie wollen gesünder leben, sind weniger "laut", realistischer und wirken eher im kleinen.
Die großen Unternehmen wollen sie umschulen, der Mittelstand ist gespalten, die einen lassen sich das nicht bieten, die anderen haben erkannt, dass die Grundstrukturen passen. „GenZ brennt, aber nicht den ganzen Tag!”

Prof. Dr. Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach provozierte nach der Mittagspause mit seinen Thesen zur alternativlosen Neuerfindung des stationären Handels. Schon seit 2002 fände Digitalisierung als Geschäftsmodell statt, aber: die deutsche Digitalelite befände sich im Ausland, das deutsche Kapital werde im Ausland investiert. In Deutschland und Europa sei die Gefahr sehr groß, von den USA und von China abgehängt zu werden. Dort sei die Entwicklung deutlich weiter fortgeschritten. Ein Kennzeichen der digitalen Disruption seien Unternehmen die als reine Vermittler agierten: Taxiunternehmen wie Uber hätten keine Taxen mehr, Alibaba habe keine Ware und keine Läden, Roomsharing bnb habe keine eigenen Wohnungen. Diese Dienstleister hätten aber enormen Erfolg. Mobile Nutzung des Internets sei Standard geworden. Jeder habe ein Smartphone und der wahre Luxus sei es, nicht ständig erreichbar und online zu sein. Jedes Unternehmen müsse sich an seinen Kunden orientieren. Diese können nicht umerzogen werden. Amazon habe die Kundenzentrierung perfektioniert, der B2C-Bereich sei rund zehn Jahre weiter als der B2B-Bereich! von der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach provozierte nach der Mittagspause mit seinen Thesen zur alternativlosen Neuerfindung des stationären Handels. Schon seit 2002 fände Digitalisierung als Geschäftsmodell statt, aber: die deutsche Digitalelite befände sich im Ausland, das deutsche Kapital werde im Ausland investiert. In Deutschland und Europa sei die Gefahr sehr groß, von den USA und von China abgehängt zu werden. Dort sei die Entwicklung deutlich weiter fortgeschritten. Ein Kennzeichen der digitalen Disruption seien Unternehmen die als reine Vermittler agierten: Taxiunternehmen wie Uber hätten keine Taxen mehr, Alibaba habe keine Ware und keine Läden, Roomsharing bnb habe keine eigenen Wohnungen. Diese Dienstleister hätten aber enormen Erfolg. Mobile Nutzung des Internets sei Standard geworden. Jeder habe ein Smartphone und der wahre Luxus sei es, nicht ständig erreichbar und online zu sein. Jedes Unternehmen müsse sich an seinen Kunden orientieren. Diese können nicht umerzogen werden. Amazon habe die Kundenzentrierung perfektioniert, der B2C-Bereich sei rund zehn Jahre weiter als der B2B-Bereich!

Der stationäre Handel müsse realistisch sein, den IST-Zustand ermitteln und eine Digitalstrategie entwickeln. Amazon sei derzeit dabei, den stationären Laden neu zu erfinden. E-Commerce lohne sich, die Kunden wollten kanalübergreifend einkaufen. IT-Systeme müssten aktuell sein und mit entsprechendem Personal ausgerüstet werden. Die Webseiten müssten mobil optimiert sein. Der Schlüssel zum Erfolg sei kundenorientierter Service. Dieser sei auch über Plattformen möglich.

Nach der Kaffeepause referierte Josua Fett darüber, wie man Kunden durch Mehr-Wert begeistern könne. Er zeigte sehr anschaulich auf, wie Mehrwert entsteht. Die Bedürfnisse seien immer vorhanden, die Umsetzung verändere sich. Menschen wollten z.B. Musik hören, früher von Schallplatten, dann von CD, jetzt durch Streaming mit individuellen Playlists. Bilder begeistern erst als Malerei, dann als Fotos, dann als Dia(Abende), jetzt auf Instagram. Auf den Handel bezogen, zeige sich, dass der Kunde festgestellt habe, dass durch das Internet Produkte, aber keine Lösungen verkauft werden. Den MehrWert bekommt er nur im stationären Laden. Die Atmosphäre, die Beratung, der Service helfe, Lösungen zu finden. Das Internet sei gut für diejenigen, die genau wissen, was sie wollen. Es stünden sich Bedarf (Internet) und Bedürfnis (stationäres Geschäft) gegenüber. Ein guter Außendienst biete den Kunden MehrWert. Sein Rat: Laufen Sie schneller als der Wettbewerb, kopieren Sie nicht! Zufriedene Kunden seien gefährlich, da sie "nur" zufrieden und nicht begeistert seien. Sie seien gleichgültig, das Geschäft werde austauschbar, und es würden günstigere Anbieter gesucht, da man nicht überzeugt sei.

Zum Abschluss erfuhren die Teilnehmer von Norbert Beck, welche neurologisch-psychologischen Effekte den Kaufknopf im Kundenkopf drücken. Jede Kaufentscheidung werde durch das bewusste Denkhirn und das unterbewusste Emotionshirn gesteuert. Bewusst geplante Entscheidungen lägen bei 20%, 80% der Entscheidungen seien unterbewusst emotional gesteuert. Menschen kaufen Emotionen. Der Kaufautomatikspeicher werde (von ihm) seit zehn Jahren durch Befragungen untersucht. Ergebnis sei, dass Freundlichkeit und positives Feedback die größten Emotionen hervorrufen. Serviceweltmeister sind positiv, bei jeder Begegnung, sei es ein Anruf, die Webseite, die Rechnung, eine Mail oder der persönliche Kontakt. Ge­kauft werde aus drei Gründen: Kunden wollen Spaß, Macht (sozialen Status erhöhen, leistungsfähiger sein) und Sicherheit (Vertrauen). Je nachdem welche Kundengruppe angesprochen werden solle, müsse eine andere Ansprache gewählt werden. Frauen ticken anders als Männer, und dann gebe es auch Unterschiede, die altersbedingt seien. Männer reagierten am stärksten auf den Machtknopf, Frauen auf den Sicherheits- /Fürsorgeknopf. Die GenZ bevorzuge den Spaßknopf, die Männer über 50 präferierten den Sicherheitsknopf. In persönlichen Begegnungen könne sehr schnell ausgelotet werden, auf welche Reize ein Kunde reagiere. Dies sei die Chance für den stationären Handel. Hilfreich sei auch zu überprüfen, ob Selbstbild und Fremdbild übereinstimmen. Dies gehe recht einfach über die Frage, ob und warum Kunden das Unternehmen weiterempfehlen würden. Hauptgrund für die Weiterempfehlung sei die Freundlichkeit der Mitarbeiter in allen Situationen. Kunden wollten Wertschätzung erfahren und Vertrauen haben. Er brachte es auf den Punkt, Mitarbeiter, die nicht freundlich sind, haben im Service nichts zu suchen.

Das Schlusswort sprach Thomas Dammann für den kurzfristig erkrankten Lothar Bauer. Er fasste den Tag nochmals zusammen und dankte für das breite Spektrum, das von den Referenten geboten wurde. Man müsse mutig sein! Auch den Sponsoren schulde man großen Dank, da ohne sie eine solche Veranstaltung nicht zu stemmen sei. In zwei Jahren werde man sich zum sechsten PVH Kongress wieder treffen!

5. PVH-Kongress Bildergalerie

Unser Dank gilt den Sponsoren, durch deren Unterstützung dieser Kongress möglich war:

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